Er-schöpft

Die Premiere unserer Schöpfungsgeschichten und weitere sechs Aufführungen, darunter drei für Schulklassen, sind gut über die Bühne gegangen. Wir konnten in dieser Serie noch einige Anregungen aufnehmen und umsetzen, aber jetzt scheint es wirklich geschafft.

Aber wie es manchmal ist: Nun erst bekamen wir einen Aufsatz des Theologen Prof. Otto Betz zu Gesicht – Was die Mythen der Völker über die Schöpfung wissen. Darin geht es unter anderem um den narrativen Kontext dieser Geschichten, also um das Umfeld und um die Bedeutung der Weiter-Erzählung – für eine Gruppe, einen Stamm, ein Volk, eine Gesellschaft. Das wirft noch einmal Fragen auf: Ist das Theater überhaupt der passende Ort hierfür, und lässt sich ein Mythos so ohne weiteres in eine andere Gesellschaft verpflanzen? Oder ist es heute, wo unser Blick weiter geworden ist, eine Aufgabe gerade des Theaters, andere Kulturen durch ihre Mythen verstehbarer zu machen? Und: Ist das naturwissenschaftliche Weltbild, das am Ende unseres Stück skizziert wird, in der Lage, die menschliche Frage nach dem Sinn der eigenen Existenz zu beantworten? Dazu zwei Zitate aus dem genannten Text:  Nicht die Phantasie und der Einfallsreichtum eines (ergänze: einzelnen) Erzählers haben zur Entstehung der Mythen geführt, sondern eine religiöse Erfahrung von Menschen, die von bestimm­ten Phänomenen stark beeindruckt waren. Ohne die „mythische“ Form einer Erzäh­lung oder eines Liedes würde die Erfahrung wieder verwehen und in Vergessenheit geraten, durch das narrative „Kleid“ bleibt es unvergessen und kann immer nachvollzo­gen werden, regt selbst wieder zu neuen Erfahrungen an, bedarf aber auch immer wie­der neuer Auslegung und Aneignung, um nicht zu erstarren und zum leblosen Traditi­onsstück zu werden, das nicht mehr verstanden wird und kein weiteres Leben zeugen kann …

 …. Die Welt muss ihren Charakter des Zufälligen und Sinnlosen verlieren, es muss sich ein „Sinnfaden“ abzeichnen, der sich im Leben der menschlichen Gemeinschaft und des einzelnen bewährt. “Auch wenn du das kompli­zierte Ganze nicht verstehen kannst und so viele Rätsel bleiben: du gehörst zu einem großen Zusammenhang, der dich mit hervorgebracht hat und in den du hineinverwo­ben bist. Du kannst vertrauensvoll deinen Weg weitergehen, auch du bist (…) gewollt und ins Dasein gerufen und hast etwas in diese Welt einzubringen, was gerade dir aufgetragen ist.“

(Foto: Digipott)

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